4. Dezember in Erfurt – Vereinigte Thüringer Rechte – Teil 2

4. Dezember in Erfurt – Vereinigte Thüringer Rechte – Teil 2

TEXT: Thüringenrechtsaussen
DATUM: 04.12.2014

Erneut werden Neonazis sowie PolitikerInnen von AfD, CDU und FDP gemeinsam mit konservativen BürgerInnen in Erfurt demonstrieren. Am 4. Dezember 2014 wollen sie unter dem Motto „Gegen das Vergessen“ vor dem Thüringer Landtag gegen eine linke Landesregierung auf die Straße gehen.

Auf der Facebook-Seite der Organisatoren haben erneut eine Reihe bekannter Thüringer Neonazis ihre Teilnahme angekündigt – gelöscht werden sie von den Moderatoren der Facebook-Veranstaltung nicht. Statt dessen schreibt der Organisator, der Weimarer CDU-Politiker und Immobilien-Unternehmer („Europäisches Beratungs- und Immobilien-Kontor GmbH“) Clarsen Ratz, lediglich pauschal, dass „Rechts- und Linksextreme“ auf der Veranstaltung „nicht erwünscht sind“. Unterdessen forderte Thüringens NPD angesichts der möglichen rot-rot-grünen Koalition in Thüringen ihre AnhängerInnen auf: „Aufstehen und Handeln, unser Land geht uns alle etwas an!“

Bei einer ähnlichen Kundgebung am 9. November 2014 hatten sich auf dem Erfurter Domplatz unter die etwa 3.000 TeilnehmerInnen auch etwa 100 Neonazis gemischt. Gemeinsam skandierte die Menge gegen den Ministerpräsidenten-Kandidaten Bodo Ramelow gerichtete „Bodo raus, Bodo raus!“, die Neonazis riefen unter anderem „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen!“. Wir hatten im Vorfeld 10 Kurzportraits von angekündigten Teilnehmern veröffentlicht, die Funktionen innerhalb der Neonazi-Szene haben. Neun von ihnen waren auch dort. Dazu kamen weitere Aktive aus Thüringer Neonazi-Kameradschaften, darunter solche von den „Freien Kräfte Erfurt“, der „Aktionsgruppe Nordhausen“, vom „Freien Netz Kahla“, vom „Bündnis Zukunft Landkreis Gotha“ oder der „Aktionsgruppe Weimarer Land“ (AGWL), mit deren auffälligstem Gesicht, Michel Fischer aus Tannroda. Ebenso verschiedene Anhänger von Burschenschaften, darunter die Nazi-Verbindung „Burschenschaft Normannia zu Jena“, von der auch der ehemalige Weggefährte von dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer Ralf Wohlleben Nico Schneider und der Autor der neu-rechten Zeitschrift „Blaue Narzisse“ Marco Reese anwesend waren. Die Nazis waren nicht nur in einer größeren offensichtlichen Gruppe um Enrico Biczysko vor Ort, sondern quer verteilt in der Menge und auch mit Kerzen auf den Domstufen. Von Seiten der Kundgebungs-TeilnehmerInnen gab es so gut wie keine Distanzierung gegenüber den Neonazis und ihren Parolen. Landtagsabgeordnete der rechtspopulistischen „Alternative für Deutschland“ nahmen mit Fackeln an der Kundgebung teil. Der AfD Landesverband Thüringen ruft mittlerweile zur Mobilmachung aller „Mitglieder, Förderer und sonstige Interessierte“ zur „zweiten Demonstration gegen Rot-Rot-Grün unter dem Aufruf „Gegen das Vergessen““ auf.

Für die Kundgebung vor dem Landtag am 4. Dezember 2014 haben sich u.a. folgende Neonazis angekündigt:

Kai Uwe Trinkaus war 2006 – 2008 Vorsitzender des NPD-Kreisverbandes Erfurt-Sömmerda. Er war 2005 der Nazi-Partei beigetreten und baute in den folgenden Jahren die Szene in der Landeshauptstadt auf. Er gründete Nazi-Vereine, organisierte Kundgebungen und Infotische und suchte den engen Schulterschluß mit militanten Nazis und der gewaltbereiten rechten Hooligan-Szene. Er organisierte Aktionen, um Landtagsabgeordnete vor allem von der Linkspartei, aber auch von SPD, Grünen und CDU, um GewerkschafterInnen und Aktive aus demokratischen Vereinen öffentlich zu diskreditieren und zu belästigten. 2012 flog auf, dass Trinkaus während dieser Zeit gut bezahlter Spitzel des Thüringer Geheimdienstes war.

Enrico Biczysko ist ehemaliger Anführer der Hooligan-Gruppe „Kategorie Erfurt“ (KEF) und ein bekannter Schläger aus der Stadt. Der stellvertretende Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Erfurt sitzt für die extrem rechte Partei im Stadtrat. In den letzten 10 Jahren wurde er unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung, versuchter gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und Beleidigung verurteilt. Zeitweise saß er im Gefängnis. In Erfurt nahm er an zahlreichen Aufmärschen teil und betreibt einen Versand für die rechte Szene.

Monique Möller stammt aus Bad Langensalza und ist Kreisvorsitzende der NPD im Unstrut-Hainich Kreis. Sie ist Vorsitzende der NPD-Frauenorganisation „Ring nationaler Frauen“ (RNF) in Thüringen sowie Beisitzerin im Bundesvorstand der RNF. Dort hat man ihr die Rekrutierung des Nachwuchses übertragen. Offiziell heißt es, sie sei zuständig für die „Interessentenbetreuung & virtuelle soziale Netzwerke“. In Erfurt nahm sie schon mehrfach an Neonazi-Aufmärschen teil und wirbt derzeit für eine Neonazi-Demonstration in Erfurt am 8.11.. Bei Szenekonzerten in Deutschland repräsentierte sie die RNF mit einem eigenen Stand. Für die NPD sitzt sie auch im Kreistag des Unstrut-Hainich-Kreises.

Ringo Köhler ist ein Neonazi aus Piesau und Urheber der Solidaritätskampagne für den mutmaßlichen NSU-Helfer Ralf Wohlleben aus Thüringen, der sich zur Zeit in Untersuchungshaft befindet. Köhler initiierte die Verbreitung von „Freiheit für Wolle“-Pins und sammelte mit dem Verkauf von CD’s Gelder für Wohlleben. Er gehört zur Gruppe „Freies Netz Saalfeld“ und betreibt auch einen Blog mit dem Titel „Rennsteiglichter“. Köhler, der im Internet auch unter den kyrillischen Nickname „Есть Инди“ auftritt organisierte Neonazi-Konzerte und wurde dem Ordnungsamt als „Versammlungsleiter“ für den so genannten Thüringentag der nationalen Jugend 2013 in Kahla genannt, bei dem knapp 150 Nazis teilnahmen. Er wurde bereits wegen Körperverletzung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verurteilt.

Kevin Schulhauser kommt aus Ronneburg und trat für die NPD bereits zu zahlreichen Wahlen an, darunter zur Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahl. Er gründete das „Nationale Bildungswerk Ronneburg“ mit dem Ziel, Neonazis in Thüringen und darüber hinaus in rechtlichen Fragen, Rhetorik und Propaganda sowie in Aktionsformen zu schulen. Im April 2014 wurde er zu einer Geldstrafe von 1.800 Euro verurteilt, weil er für seine „Bildungsarbeit“ Grafiken einer verbotenen Neonazi-Gruppierung verwendete. Schulhauser nahm in den letzten Monaten mehrfach an NPD-Aktionen in Erfurt teil, zum Beispiel im September bei einem Fussballturnier der „JN“. Am 4. Oktober zog er mit 230 Neonazis durch das sächsische Döbeln.

David Buresch sitzt für die NPD in Kahla im Stadtrat und ist Mitglied vom „Freien Netz Kahla“. Die Gruppierung tritt seit mehreren Jahren mit einer Vielzahl von Straftaten in Kahla in Erscheinung, zeitweise prägten viele Neonazi-Graffitis das Stadtbild und mehrfach wurden Einrichtungen wie ein Jugendclub oder der „Demokratieladen“ angegriffen, welche nicht in das Bild der Nazis passen. Buresch, der sich im Internet auch als „David Lustig“ bezeichnet, war selber an Übergriffen in Dortmund und in Jena beteiligt. Er gehörte auch zum Personal um das „Braune Haus“ in Jena und war bei der Polizei im Visier wegen eines mutmaßlich geplanten Brandanschlages in Saalfeld. Er war Organisator von mehreren Neonazi-Veranstaltungen, auch mit ehemaligen Nazisoldaten und saß bereits im Gefängnis. Buresch unterstützt ebenso einen angeklagten mutmaßlichen NSU-Helfer.

Alexander Kurth kandierte für die NPD in diesem Jahr in Leipzig und erhielt dort 1650 Stimmen. Im Jahr 2003 wurde er zu viereinhalb Jahren Gefängnis unter anderem wegen versuchten schweren Raubes und gefährlicher Körperverletzung verurteilt, weil er an einem Überfall auf den Sänger der Prinzen beteiligt war. 2009 kam es einer weiteren Haftstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Betruges in mehreren Fällen. Seit mehreren Monaten ist Kurth auch verstärkt in Thüringen aktiv und nahm mehrmals bei Neonazi-Aktionen in Erfurt teil oder agierte als Anmelder des Trauermarsches in Weimar 2013. Über Facebook bedrohte er mehrfach Menschen, „unbelehrbare Antideutsche“ würden in seiner „Volksgemeinschaft“ einen „Arbeitsplatz in einem Steinbruch“ finden, über sein einstiges Opfer, den Prinzensänger Sebastian Krumbiegel, schrieb er: „Ich bring ihn dann auch mal mit zur Kiesgrube, dann brauchen wir aber wieder ein stabiles Holzkreuz“.

Hannjo Wegmann begleitete die NPD-Landtagswahl-Tour 2014 in Thüringen als Bodyguard. Grimmig schauend und mit schwarzem Anzug versuchte der Kampfsportler so, GegnerInnen auf Distanz zu halten. Wegmann war als stellvertretender Vorsitzende des NPD-Kreisverbandes Erfurt-Sömmerda ein enger Vertrauter des Spitzels Kai-Uwe Trinkaus. Er ist wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Wegmann war u.a. in dem Neonazi-Sportverin „SV Vorwärts“ tätig, in dem Neonazis im Nahkampf, Kickboxen und dem Umgang mit Messern trainierte. Die körperlicheErtüchtigung der extrem rechten Kampfgemeinschaft diente offenbar dem für 2007 geplanten Angriff auf das damalige besetzte Haus in Erfurt.

Und als ob die Portion Nationalgetümmel am 9. November nicht schon sättigend genug war, rufen die offiziellen Veranstalter jetzt zu einer weiteren Aktion auf: „Thüringen zeigt Flagge!“ lautet das Motto für die Resteverwertung von Deutschlandfähnchen der letzten WM. Dabei sollen bis zum Freitag schwarz-rot-goldene Wimpel „in allen Dörfern, auf allen Plätzen, in allen Häusern, auf allen Autos“ als Zeichen gegen rot-rot-grün und eine neue Regierung gehisst werden. Nach dem die „an euren Händen klebt Blut“-Rhetorik bislang nicht die erwünschte Wirkung erzielte, versucht man sich nun mit Identität und Nationalstolz vor der halluzinierten kommunistischen Machtübernahme in der Erfurter Staatskanzlei zu schützen. Die Organisatoren sind damit auf einem gutem Weg, dass beim nächsten mal noch ein paar Teilnehmer mehr Sprüche wie „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“ mitgrölen.