Bürgermeisterwahlen in Erfurt: Wie die AfD von Neonazi-Netzwerken unterstützt wird – Antisemitismus, Moscheeprotest und NS-Rassenwahn

Bürgermeisterwahlen in Erfurt: Wie die AfD von Neonazi-Netzwerken unterstützt wird – Antisemitismus, Moscheeprotest und NS-Rassenwahn

TEXT: Thüringenrechtsaussen
DATUM: 12.04.2018

Am 15. April 2018 finden in ganz Thüringen Landrats- und Bürgermeisterwahlen statt. In Erfurt kandidiert der AfD-Landtagsabgeordnete Stefan Möller für den Posten als Bürgermeister. Eines seiner Hauptthemen für den Wahlkampf ist die Verhinderung der in Marbach bereits genehmigten Moschee. Daneben ist für Möller besonders die „Sicherheitspolitik“ in Erfurt von Bedeutung, natürlich immer in der Diktion, die „Sicherheit“ sei mit dem Zuzug von Flüchtlingen deutlich gesunken. Dazu will Möller auch eine eigene „Stadtwache“ einführen. So heißt in Möllers Programm: „Ich möchte eine ehrenamtliche Stadtwache einführen, die von der Stadt ausgebildet, ausgerüstet und geführt wird.“ Wer dies genau sein soll, bleibt unbenannt. Schaut man in Möllers Unterstützerkreise, bekommt man eine Ahnung, welche Ausrichtung der AfD-Kandidat hier meinen könnte. Beim Bürgermeisterwahlkampf arbeitet die AfD und auch Möller direkt mit den extrem rechten Kreisen rund um die „Gruppe Marbach“ zusammen, die mittlerweile als „Erfurt zeigt Gesicht“ bei Facebook aktiv ist und wöchentliche Mahnwachen/Demos am Erfurter Rathaus abhält.

Seit 2017 hat sich hier eine kleine Gruppe gebildet, die zunächst regelmäßig montags am Baugrundstück in Marbach Mahnwachen abgehalten hat. Anwesend waren dabei auch schon Neonazis wie Maik Herrmann oder die AfD-Landtagsabgeordnete Corinna Herold, die wie Stefan Möller auch zum AfD-Kreisverband Mittelthüringen gehört Die „Marbacher Gruppe“ pflegt dabei engste Kontakte zur AfD. Zwei Beispiele für die rassistische und neonazistische Ideologie, die deren Anhänger vertreten, sind Marco Metzner und Maik Arndt. Beide gehören zum Kern der Gruppe: Metzner organisiert und vernetzt die Gruppe und Arndt ist Co-Anmelder der jeden Mittwoch stattfindenden Versammlungen am Erfurter Rathaus.

Dabei ist Metzner der Netzwerker, der auch maßgeblicher Unterstützer hinter Möllers Wahlkampf ist. So organisierte dieser beispielsweise die Flugblattverteilung für den AfD-Kandidaten. Doch Metzner ist nicht nur mit Stefan Möller von der AfD gut bekannt, sondern lässt sich immer wieder auch mit anderen Führungsfiguren wie dem Geraer Bundestagsabgeordneten Stephan Brandner oder den Thüringer Fraktionvorsitzenden Björn Höcke ablichten.

Die Landtagsabgeordnete Corinna Herold gratulierte Metzner im Dezember 2017 noch herzlich zum Geburtstag. Metzner verbreitet online nicht nur Hetze gegen Flüchtlinge, sondern postet auch immer wieder nationalsozialistische Inhalte, die auch die AfD-Abgeordneten einsehen können.

Dabei geht es vor allem um antisemitische und rassistische Inhalte. So beispielsweise ein Bild Hitlers mit einem antisemitischen Zitat. Daneben auch immer wieder rassistische Inhalte wie ein Nazi-Plakat mit der Aufschrift „Deutsche Frau! Halte dein Blut rein“. Metzners Affinitäten zum Nationalsozialismus drückte dieser auch in seiner Begeisterung für Alfred Rosenbergs antisemitisch-rassistisch-esoterisches Buch „Der Mythos des 20. Jahrhunderts“ aus.

Eine neue „Religion des Blutes“ müsse laut Rosenberg ein von „jüdischen Einflüssen“ durchdrungenes Christentum ersetzen, indem dieses durch eine neue „Metaphysik“ der „Rasse“ und des ihr innewohnenden „kollektiven Willens“ abgelöst werde. „Rasse“ stellte sich Rosenberg als eigenständigen Organismus mit einer kollektiven Seele, der „Rassenseele“, vor; alles Individuelle wollte er unterdrückt wissen. Die einzige Rasse, die in der Lage sei, kulturelle Leistungen hervorzubringen, ist nach Rosenberg die „arische Rasse“. Im Gegensatz zur jüdischen Religion, die Rosenberg als teuflisch ansah, wohne den „Ariern“ etwas Göttliches inne. Jesus Christus wurde in Rosenbergs Buch zu einer verklärten „Verkörperung der nordischen Rassenseele“. Somit könne seiner Meinung nach Jesus kein Jude gewesen sein. Die Ehe sowie Geschlechtsverkehr zwischen „Ariern“ und Juden seien zudem unter Todesstrafe zu stellen. Soweit die Inhalte, die von den AfD-Verbündeten gelobt werden.

as Metzner nicht nur gute Kontakte zur AfD, sondern auch zur Neonazi-Szene besitzt, zeigte sich zuletzt am 24. März 2018 bei einer extrem rechten Demo in Zwickau. Hier nahm Metzner teil und ließ sich dann stolz mit dem gewalttätigen Neonazi Alexander Kurth und dem extrem rechten Redner Eric Graziani fotografieren und dankte beiden für die Veranstaltung.

Darüber, dass Metzner auf Facebook eine Reihe antisemitischer und rassistischer Grafiken verbreitet, hatte Thüringen Rechtsaußen schon im März 2017 informiert, darunter auch einen strafbaren Slogan der Division Waffen SS aus dem Dritten Reich. So drohte er beispielsweise im Zusammenhang mit in Marbach aufgestellten Holzkreuzen den so genannten „Gutmenschen“ und der „Antifa“ mit Gewalt, wörtlich schrieb er über sein Profil mit dem Namen „Thjooaar As Mikkonen“ auf dem er durch Privatfotos identifizierbar ist: „Dem Hurensohn alle Zähne vor Ort aus dem Maul schlagen, das hilft!!!“.

Ebenfalls wurde über seine Administatortätigkeiten einer Facebookgruppe gemeinsam mit dem „Ein Prozent“ Aktivisten Simon Kaupert, der Teilnehmer eines NPD-Jugendcamps war, berichtet. Kaupert ist ebenfalls „Ein Prozent“ Verbindungsmann zur AfD-Fraktion und nahm in deren Räumlichkeiten im Thüringer Landtag an einem Vorbereitungstreffen zu Aktionen den Moscheebau in Erfurt teil.

Maik Arndt – Mit Rudolf Heß und Corinna Herold für Deutschland

Neben Metzner ist Maik Arndt eine weitere Figur, welche zum Kern der „Marbacher Gruppe“ gehört.

Arndt nahm zuvor regelmäßig an den Marbacher Mahnwachen teil und ist aktuell Co-Anmelder der Versammlungen von „Erfurt zeigt Gesicht“. Ähnlich wie auch Metzner teilt Arndt nationalsozialistische und rassistische Inhalte offen, begeht dabei sogar Straftaten, von denen mindestens die AfD-Abgeordnete Corinna Herold wissen könnte, da diese mit Arndt bei Facebook befreundet ist.

Arndt trägt auf seinem Facebook-Profil ein Bild des Nationalsozialisten Rudolf Heß offen zur Schau. Arndt warb noch im August 2017 öffentlich für jeden einsehbar für den ehemaligen Hitler-Stellvertreter. Als Anspielung an die linksautonome Strategie des „Schwarzen Blockes“ postete Arndt ein Bild eines Aufmarsches der Waffen-SS mit dem Kommentar: „Ein „Schwarzer Block“ ist nicht grundsätzlich Scheisse“.

Und noch im Dezember 2016 postete Arndt öffentlich ein Hakenkreuz mit der Aufschrift „deutsche Weihnacht“. All dies ist nicht nur für die mit ihm befreundeten AfD-Landtagsabgeordneten einsehbar, sondern teils bis heute für die gesamte Öffentlichkeit.

nsgesamt zeigt sich, wie tief die Thüringer AfD in extrem rechte Strukturen in Thüringen eingebunden ist und von welchem Personenkreis sie ihren Wahlkampf in Erfurt unterstützen lässt. Bei derartigen Verbündeten ist es nur schwer vorstellbar, was Stefan Möller mit der Einrichtung einer „Stadtwache“ wohl meinen mag, oder welche seiner politischen Freunde er sich in einer derartigen Position vorstellen kann. Möller selbst wird sich kaum durch Unwissenheit herausreden können, ist er schließlich vor seiner Abgeordnetentätigkeit im Thüringer Landtag unter anderem als Rechtsanwalt tätig gewesen.

Ende Oktober 2017 scheiterte Möller im ersten Versuch, als Nachfolger von Stephan Brander zum Vorsitzenden des Thüringer Justizausschusses gewählt zu werden. Mitglieder anderer Fraktionen warfen ihm vor, er erkenne rechtsstaatliche Prinzipien wie etwa die Gleichbehandlung und Unschuldsvermutung nicht an. Dass der Jurist Stephan Möller, zugleich parlamentarischer Geschäftsführer der AfD Fraktion in Thüringen auch in weiteren Bereichen eine ablehenden Haltung gegenüber der geltenden Rechtsordnung vertritt, die Anhaltspunkte dafür bietet, dass seine Positionierung in Teilen verfassungswidrig sein könnte, zeigen auch manche Äußerungen von Möller während seinem Wahlkampf in Erfurt.

Seit dem die Pläne einer islamischen Glaubensgemeinschaft in Erfurt bekannt sind, eine Moschee in Marbach zu errichten wettert Möller gegen den Bau eines solchen Gebäudes, zunächst unter verschiedenen Vorwänden wie etwa dem Baurecht. In sein Bewerbungsvideo als Oberbürgermeisterkandidat in Erfurt hat Möller im April 2018 eine Grafik platziert, in der es nun absolut heißt: „Keine Moschee in Erfurt“. Das Recht auf Religionsfreiheit nach Artikel 4 des Grundgesetzes, dass auch die ungestörte Religionsausübung enthält, wird von Möller demontiert und nicht anerkannt. Dafür erhält er auch in Thüringer Neonazi-Kreisen Anerkennung. Was nicht verwunderlich ist, schließlich ist die „Keine Moschee…“ Kampagne in Thüringen auch keine Erfindung der AfD sondern wurde von der NPD geklaut, die bereits unter Führung des Thüringer NPD-Landesvorsitzenden Patrick Wieschke vor der Gründung des AfD-Verbandes 2013 eine fast gleichlautende Kampagne führte.

In seiner Bewertung der NPD urteilte das Bundesverfassungsgericht im Januar 2017, dass die Partei die Menschenwürde verletze, mit ihrem Volksbegriff den ergebenden Achtungsanspruch der Person negiere und sich einer elementarer Rechtsgleichheit für alle anderen Menschen verweigere, die nach dem Dafürhalten der Partei nicht zum vermeintlichen „Volk“ oder der „Volksgemeinschaft“ gehören. Das Politikkonzept der Partei sei auf „die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von gesellschaftlichen Gruppen (Ausländern, Migranten, religiösen und sonstigen Minderheiten)“ gerichtet, so das höchste Gericht. Die systematischen Versuche des Abgeordneten Stefan Möller immer wieder ein Grundrecht für eine bestimmte gesellschaftliche Gruppe zu negieren und die elementare Rechtsgleichheit zu verweigern machen neben der permanenten Diskreditierung von Migranten und Muslimen auch die ideologische Nähe zur extremen Rechten deutlich.