Redebeitrag der [ake] gehalten am 08.02.2014 beim antifaschistischen Stadtrundgang am Herrenberg

Redebeitrag der [ake] gehalten am 08.02.2014 beim antifaschistischen Stadtrundgang am Herrenberg

TEXT: Antifaschistische Koordination Erfurt
DATUM: 10.02.2014

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Antifaschistinnen und Antifaschisten, ich möchte euch auch im Namen der ake begrüßen. Es freut uns, dass doch so viele Menschen heute den Weg zu diesem Stadtrundgang gefunden haben. Besonders freuen wir uns über Aktive aus dem Stadtteil. Denn, wenn hier vor Ort Widerstand gegen Rassismus & Nationalismus geleistet wird, ist es wahrscheinlicher, dem Treiben von Neonazis ein Riegel vorzuschieben.

Unser heutiger Protest in der Wohlfühlzone des Erfurter Neonazismus – hier in der Nähe der Kammwegklause – ist wichtig. Vor allem an einem Tag, da auch Michel Fischer mit seinem braunen Wanderzirkus durch Weimar zieht. Anscheinend sind wegen uns doch einige Erfurter Nazis lieber zu Hause geblieben. Nach dem Motto man weiß ja nie.

Wenn wir ehrlich sind, haben wir jedoch damit gerechnet, dass ein Großteil der Nazis heute eher beim Fußball sein würde. Denn wenn etwas neben rassistischer Hetze und völkischer Ideologie fest zur Identität Erfurter Neonazis gehört, dann ist es der RWE & seine Fanszene. Gerade auch durch diese Fanszene konnten sie sich hier am Herrenberg festsetzen. Bestes Beispiel dafür ist der verurteilte Gewalttäter, ehemaliges „Pro Erfurt e.V“ – Vorstandsmitglied und heutiger stellv. Kreisvorsitzender der NPD Erfurt-Sömmerda Enrico Biczysko. Dieser gibt sich zwar seit neuestem einem „Saubermann-Image“ hin. Seine Vergangenheit als rechter Hooligan und Teilnehmer eines Überfalls auf einen Punkertreff lassen sich dahinter jedoch nicht verstecken.

Werfen wir erstmal einen genaueren Blick auf die Kammwegklause und ihre Betreiberin. Denn diese hat, wie wir als ake glauben, nicht nur eine Auswirkung auf den Herrenberg, sondern hat weit darüber hinaus eine Bedeutung für die Neonaziszene.

Die Kammwegklause gehört dem „Magier“ Manfred Stein. Bis zur Schließung im Jahr 2011 war diese Immobilie die Pizzeria „Ristorante“. Die neue Betreiberin, Gabriele Völker, eröffnete am 01. November 2012 die „Kammwegklause“ in der Tungerstraße 1. Hinter dem rustikalem Image einer biederen Gastwirtschaft versteckt sich schlicht und einfach ein sehr erfolgreicher Neonazitreffpunkt, welcher für die Verfestigung der örtlichen Neonazistruktur und Aktivierung neuer Anhänger_innen genutzt wird. Besonders erfolgreich, da die Neonazibetreiberin der „Klause“ hier einen der letzten Treffpunkte im Stadtteil anbietet.

Gabriele Völker ist dem Spektrum der „Freien Kräfte“ zuzurechnen. Einer militanten Form der Neonaziszene, welche oft durch massive Gewalttaten in Erscheinung tritt. Völker hat immer wieder an rechten Demonstrationen, unter anderem in Erfurt, teilgenommen. 2010 wurde sie zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung verurteilt und seit demselben Jahr führen sie sogar die Blitzmerker im Thüringer Landesamt für Verfassungsschutz als Mitglied der Freien Kräfte. Selbst ihre Tochter Maria Völker, gerade mal so nicht mehr Minderjährig, nimmt an etlichen extrem rechten Demonstrationen im gesamten Bundesgebiet teil und ist eng vernetzt mit der örtlichen neonazistischen Szene.

Völker hat aber nicht nur selbst einen rechten Hintergrund. Mit der Kammwegklause stellt sie auch einen zentrale Veranstaltungs- und Vernetzungsort für die Erfurter und Thüringer Neonaziszene zur Verfügung. So hatte der ehemalige rechte Verein „Pro Erfurt e.V. – 2011 gegründet von dem V-Mann und Nazikader Kai Uwe Trinkaus – dort seine Begegnungsstätte. Für diesen Verein wurden Mitglieder- und Informationsabende abgehalten. Nach dem Ende des rechten Vereins und dem Überlaufen zur örtlichen NPD durch einzelne ehemalige Mitglieder, fanden in der „Kammwegklause“ mind. 1 Mitgliederversammlung der NPD Erfurt-Sömmerda sowie der Neujahrsempfang der selbigen statt. Seit dem 25.01. hat sie hier nun ihr Bürgerbüro.

Auch kulturell kriegt der gemeine Neonazi in der Kammwegklause einiges geboten: Seit der Eröffnung fanden dort 6 Neonazikonzerte unter anderem mit einschlägig rechten Liedermachern wie dem Bandmitglied der „Kinderzimmerterroristen“ Steven Heinrich, aber auch Maik Krüger und OIRAMI statt. Nach der Spaltung und späteren Auflösung von „Pro Erfurt e.V.“ organisierten die ehemaligen Vorstandsmitglieder Enrico Biczysko und Chris Hilbig die Konzerte. Alle Liedermacherabende hatten in etwa 50-60 Teilnehmer_innen. Beim Silvester-Liedermacher-Abend am 31.12.2013 waren Teilnehmer_innen aus Österreich und der Neonazi-Wanderpinguin Michel Fischer vor Ort. Michel Fischer ist auf fast jeder Neonazidemonstration im gesamten Bundesgebiet zu finden. Er war Anmelder der 01. Mai Neonazidemonstration in Erfurt. Des Weiteren steht er im Verdacht, Verbindungen zu Uwe Mundlos, Uwe Bönhardt und Beate Zschäpe gehabt zu haben.

Mit Enrico Biczysko haben wir neben Gabriele Völker sowieso die zentrale Figur der Kammwegklause und folgt man dem Soziologen Matthias Quent auch der Erfurter Neonaziszene. Der – laut Quent – „Bewegungsunternehmer Biczysko“ stellte nämlich nicht nur die Verbindung zur NPD her, sondern bereicherte das Angebot der Kammwegklause am 24.06.2013 um seinen Online-Bekleidungsshop „Patriot“, welcher Kleidung für die Neonaziszene vertreibt. Der Sitz dieses Nazibekleidungsversands ist wieder die Tungerstraße 1, „Kammwegklause“.

Also noch einmal: Mit der Kammwegklause verfügen die Erfurter und Thüringer Neonazis über einen wichtigen Stützpunkt. Die häufig anzutreffenden Akteure rund um und in der Kammwegklause, wie Gabriele Völker, Enrico Biczysko, Chris Hilbig, Dirk Bachmann und Rene Zimmermann bewegen sich im militanten, organisierten und gewaltbereiten Neonazispektrum. Sie alle sind schon lange Teil der Neonazibewegung in Erfurt. Sie decken unterschiedlichste Spektren ab, wie das Nazihooligan-Milieu der „Kategorie Erfurt“, die Autonomen Nationalisten, extrem rechte Vereine und Parteien. Dieses Spektrum steht gemeinsam für die Todesstrafe für Kinderschänder, dem Einschränken von demokratischen Prozessen und ein Deutschland nur für Deutsche.

Ihnen sollten Antifaschist_innen schnellstens das Handwerk legen. Zumindest aber muss der Vernetzungs- und Veranstaltungsort Kammwegklause geschlossen werden. Ob durch Antifa-Aktionen, öffentlichen Druck, das städtische Gesundheitsamt oder wegen Brandschutzvorschriften ist uns egal. Da sind wir undogmatisch. Wichtig ist, dass die rechte Scheiße aufhört. Bevor es durch von hier ausgehenden Attacken noch mehr Opfer rechter und rassistischer Gewalt in Erfurt gibt.