Thüringer AfD demonstriert gemeinsam mit Neonazis – eine Auswahl
TEXT: Thüringenrechtsaussen
DATUM: 21.09.2015
Am 16. September 2015 fand die erste Demonstration der Thüringer AfD im Rahmen der von der Bundespartei ausgerufenen „Herbst-Offensive“ statt. Eine große Anzahl Thüringer Neonazis, andere extrem rechte Gruppen und Hooligans nahmen an der von AfD-Landesprecher Björn Höcke angemeldeten Veranstaltung teil.
Im dreistelligen Bereich – Neonazis und rechte Hooligans aus ganz Thüringen dabei
Unter dem Motto „Deutschland und Thüringen dienen – Asylchaos beenden!“ zogen rund 1.200 Personen vom Domplatz zur Staatskanzlei, angeführt von sechs der acht verbliebenden Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten: Stephan Brandner, Wiebke Muhsal, Corinna Herold, Björn Höcke, Stefan Möller und Jörg Henke. Erwartungsgemäß lockte der Demonstrationsaufruf auch viele Anhänger der extremen Rechten an. Die AfD behauptete im Nachgang, dass gar keine Neonazis beteiligt gewesen seien und man keinen einzigen gesehen habe. Dabei handelt es sich um eine offensichtliche Lüge. Zu erkennen waren nicht nur ganze Kollektionen der extrem rechten Modemarken „Ansgar Aryan“ und „Thor Steinar“, sondern auch ein beträchtlicher Anteil von bekannten und gewalttätigen Thüringer Neonazis und deren Funktionäre. Neben vielen Erfurtern waren dazu auch Gruppen mit Neonazis aus Suhl, Weimar, Arnstadt, Ohrdruf, Gera, Sonneberg, Pößneck, aber auch aus Sachsen-Anhalt angereist. Ihr Anteil dürfte im unteren dreistelligen Bereich gelegen haben. Außerdem dabei: extrem rechte Hooligans aus verschiedenen Städten und Vertreter anderer extrem rechter Organisationen wie von der „Identitären Bewegung“, der „Europäischen Aktion“ sowie der Parteien „NPD“ und „Die Rechte“.
„Negerhuren“ und „medienwirksame Abschiebung aller Asylbewerber“
Der Versammlungsleiter der Demonstration bat zu Beginn alibimäßig darum, „keine extremistische Plakate“ auszurollen. Darauf konnte die organisierte Neonazi-Szene getrost verzichten, reichte es den meisten doch bereits mit Anwesenheit zu glänzen. Von der AfD gab es keinerlei Abgrenzungsbemühungen: sie tolerierte sogar das Verteilen von verschiedenen neonazistischen Propaganda-Blättern, darunter Flyer der Partei „Die Rechte Thüringen“. Im Laufe der Demonstration und nach dem Ende versuchten Neonazis mehrfache Gegendemonstranten und Journalisten nicht nur verbal zu bedrohen, sondern auch körperlich zu attackieren. Junge Gegendemonstrantinnen wurden als „Negerhuren“ beschimpft, Teilnehmer grölten unter anderem „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen“, einige trugen schwarze Fahnen mit Aufdruck des Herkunftsortes in Frakturschrift, wie sie auch bei regulären Neonazi-Märschen zum Einsatz kommen. Auch mehrere Hitlergrüße von AfD-Demonstranten waren zu sehen, konnten aber wegen der streckenweise fehlenden oder an anderem Stellen platzierten Polizei gar nicht erst geahndet werden. Eine unzureichende Gefahreneinschätzung der Behörden hatte zur Folge, dass unbegleitete Neonazi-Gruppen aus dem Demonstrationszug teilweise unbehelligt agieren konnten. AfD-Landessprecher Höcke setzte auch bei der Abschlusskundgebung noch einen oben drauf, forderte in seinem Redebeitrag eine „medienwirksame Abschiebung aller Asylbewerber“ und sprach über „Angsträume für blonde deutsche Frauen.“ Die Erfurter Redaktion der Thüringer Allgemeinen hat einige Äußerungen zusammengefasst, beim Radio F.R.E.I. gibt es auch einige Eindrücke. Wer im September 2014 darüber erleichtert war, dass die extreme Rechte über die NPD mit 3,6% den Einzug in den Thüringer Landtag verfehlte, dürfte spätestens nach dieser Demonstration der Thüringer AfD eines Besseren belehrt worden sein. Obwohl es bei Teilen der „Freien Kräfte“ und der Thüringer NPD weiterhin ablehnende Positionen gegenüber der AfD gibt, weil erstere diese als „weichgespühlt“ oder zum „Establishment gehörend“ verstehen und letztere sie als Konkurrenz beim Kampf um die Wählerschaft begreift, gibt es einen erheblichen Anteil von Neonazis, die die Thüringer AfD als ihren parlamentarischen Arm verstehen und gemeinsame Aufmärsche unterstützen. Björn Höcke, der nun auch vom „Kampf um die Straße“ angefixt ist, tut auch alles dafür, dass es künftig so bleibt und nähert sich auch sprachlich immermehr der Rhetorik von Neonazi-Parteien und -Gruppen an. Zuletzt klagte er im Zusammenhang des Endes der NS-Herrschaft 1945 und dem Gedenken an die Opfer des Holocausts über den „rituellen Vollzug des deutschen Schuldkults“.
Björn Höcke will rassistisches Protestpotential an die AfD binden
Nachdem es monatelang bei den rassistischen Aufmärschen in Thüringen zum Rückgang und zur Stagnation der Teilnehmerzahlen kam, ist seit einigen Tagen wieder ein Aufschwung bemerkbar. In Waltershausen demonstrierten am 14.9. rund 700 Personen bei einem von der NPD organisierten Aufmarsch, während zur selben Zeit 200 bei Thügida in Nordhausen teilnahmen. Ein Aufmarsch von Thügida am 19.9. in Gera zählte rund 600 Personen. In der neurechten Zeitschrift „Sezession“ beklagte Höcke nach der AfD-Demonstration am Mittwoch Pläne von Pegida-Gründer Lutz Bachmann, eine eigene Pegida-Partei zu gründen. Eine Neugründung koste nur unnötig Energie und 90% der Pegida-Teilnehmer würden angeblich „auf die AfD als bestehenden parteipolitischen Arm verweisen“, so Höcke. Jene Energien, stünden dann „nicht für den Existenzkampf bereit, in dem sich unser Land befindet. Ein wahrer Patriot kann sich nicht derart an seinem Vaterland versündigen!“. Stattdessen möchte Höcke weiter eine Verschmelzung von AfD und Pegida forcieren, er nennt das „Aufgabenteilung samt punktueller Zusammenarbeit“. Diese sei ihm mit Pegida „am liebsten“, wofür er Bachmann zum gemeinsamen Gespräch einlädt. Jeden Mittwoch sollen nun AfD-Demonstrationen in Erfurt folgen. Für den 23. September haben sich erneut Neonazis und bekannte Rassisten angekündigt.
Eine Auswahl einiger beteiligter Neonazis in der AfD-Demonstration am 16. September 2015 in Erfurt: